AFRIKA - EU ENERGIE PARTNERSCHAFT

Eine Veranstaltung des Club of Rome - Austrian Chapters - gemeinsam mit der Österreichischen Kontrollbank - beschäftigte sich vor kurzem mit den Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Afrika und der Europäischen Union in der Energieversorgung. Das ist ja grundsätzlich nichts Neues. Afrika ist für Europa schon seit längerem ein wichtiger Kontinent was die Energiepolitik betrifft. Mehrere Europäische Konzerne bohren nach Erdöl und Erdgas. Und auch die Gewinnung von seltenen Erden, die für die Transformation in Richtung E-Mobilität wichtig sind, ist für die europäische Klimapolitik von Bedeutung. In vielen Fällen ist jedoch die Gewinnung von Erdöl, Erdgas und seltenen Erden mit der Verletzung von grundlegenden ökologischen und sozialen Standards verbunden. Vor allem die lokale Bevölkerung erleidet oft mehr Nachteile als Vorteile. Da sollte gerade auch die EU auf eine menschengerechte Erschiessung der Bodenschätze drängen. Aber es geht auch um eine Wende hin zu einer nachhaltigen Energiepolitik.

Nutzung der Solarenergie
Es liegt nun nahe, die in Afrika weithin am reichlichsten verfügbare Energiequelle, die Sonne für die Energiegewinnung zu nutzen. In diesem Sinne ist schon vor Jahren die Idee der Nutzung der Wüstengebiete für die Solarenergie aufgekommen. Das sogenannte Desertec Projekt wurde von einigen europäischen Konzernen entwickelt und vorangetrieben. Allerdings war es zum Scheitern verurteilt, weil es nicht in ein Gesamtkonzept einer europäisch- afrikanischen Zusammenarbeit eingebunden wurde und vor allem weil es ein einseitig europäisches Projekt war: die Sonne über Afrikas sollte zum Stromlieferant für Europa werden.

Viel zu wenig wurde daran gedacht für Afrikas Versorgung selbst die Solarenergie zu nutzen. Zwar gibt es inzwischen mehrere Unternehmen, die in Afrika dezentrale Lösungen zur Nutzung der Sonne zur Energiegewinnung anbieten. Das ist auch vor allem für ländliche Gebiete notwendig, da dort die Leitungsinfrastruktur oftmals fehlt bzw. zu teuer zum Errichten ist. Allerdings wurden auch vielmals umweltschädigende Kohlekraftwerke errichtet. Vor allem China hat sich daran beteiligt. Jetzt hat allerdings der chinesische Staats- und Parteichef Ji Jiping angekündigt, dass China keine Kohlekraftwerke im Ausland(!) erreichten werde. Das ist sicher eine erfreuliche Nachricht und unterstützt die Energiewende in Afrika.

Energiewende im Nahen Osten
Inzwischen wurde auch im Nahen Osten eine Energiewende eingeleitet. Sowohl erdölreiche Länder wie die Vereinigten Emirate und Saudi Arabien, als auch das bis vor kurzem Erdöl/Erdgas arme Land Israel sind an einer klimagerechten Energiepolitik interessiert. Zwar arbeitet Israel insbesondere mit Ägypten, Zypern und Griechenland an der Ausbeutung der im Mittelmeer entdeckten fossilen Ressourcen zusammen. Aber anderseits versucht es mit den Vereinigten Emiraten im Bereich der klimagerechten Energiepolitik Fortschritte zu erzielen. Der dabei gewonnene Strom kann dann auch für die Entsalzung des Meerwassers genutzt werden. Insofern waren die sogenannten Abraham Accords der besseren Beziehungen zwischen Israel und einigen arabischen Ländern von Vorteil.

Die Zusammenarbeit Israels mit Arabischen Ländern insbesondere mit den Emiraten kann für die Region eine deutliche Unterstützung des Friedensprozess bedeuten. So will Israel in Zukunft auch mehr aus dem Meer gewonnenes Trinkwasser zum Beispiel an Jordanien liefern. Entscheidend wird allerdings sein, ob Israel gegenüber den Palästinensern Angebote macht, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern und ob es Palästina, das heißt die Westbank und den Gazastreifen, in ein regionales Friedens- und Wohlfahrtsprojekt einbindet. Gerarde die Europäische Union müsste dann mit dafür sorgen, dass solche Angebote auch von den palästinensischen VertreterInnen akzeptiert und umgesetzt werden. Die Abraham Accords brauchen also eine deutliche Ergänzung um Frieden in den Nahen Osten zu bringen.

Israel ist schon seit längerem daran interessiert die Zusammenarbeit mit den verschiedenen afrikanischen Ländern auszubauen. Das Gleiche gilt für die arabischen Länder des Nahen Ostens. Zwar gibt es zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Qatar noch Rivalitäten, aber diese scheinen schon im Abklingen zu sein. So könnte sich in Zukunft eine Zusammenarbeit zu Dritt entwickelt werden - zwischen der Europäischen Union, der Afrikanischen Union - bzw. einigen afrikanischen Ländern - und Ländern des Nahen Ostens. Das Projekt Desertec könnte eine neue Dimension erfahren. Erstens sollte es primär den Ländern in der Region selbst direkten Nutzen bringen. Und zweitens sollte es von der Energiegewinnung bis zur Entsalzung von Meerwasser und der Gewinnung von Wasserstoff reichen. Es würde dann zu Desertec 3.0 mutieren.

Desertec 3.0
Selbstverständlich würde auch Europa davon profitieren. Abgesehen von direktem Strombezug ist jede Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Nachbarn im Süden von großem Vorteil. Die Region braucht dringend Energie, sie benötigt Wasser und auch Exportgüter ( Strom, Wasserstoff etc.) die der Bevölkerung Nord-Afrikas zusätzliche Einkommen verschafft. Dabei könnten bestehende Erdgas Leituneg genützt werden und/oder neue gebaut werden. Sicher sind die nordafrikanischen Regionen in mehreren Fällen von Unsicherheit gekennzeichnet. Aber auch Regionen, in denen Erdöl oder auch Erdgas bzw. seltene Erden gewonnen werden sind ebenso mit Risiko behaftet und die Ausbeutung dieser Rohstoffe wird deshalb nicht aufgegeben.

Jedenfalls sollte man aus dem Scheitern der ursprünglichen Desertec Initiativen - Desertec 1.0 und 2.0 nicht den Schluss ziehen, dass eine europäisch-afrikanische Zusammenarbeit auf dem Energiesektor wenig bringt. So meinte Paul van Son, der schon bei der ursprünglichen Initiative eine führende Rolle spielte und heute an der erweiterten Idee weiter arbeitet: „Die Idee von Desertec ist heute aktueller denn je, die Ausführung hat sich vergrössert. Wir sehen nicht mehr nur Europa, sondern die Region in Nord Afrika und den Nahen Osten als treibende Kraft für sich selbst und langfristig für die ganze Welt.“ Sicher sind noch viele Hürden zu überwinden. Aber das neue Desertec Projekt - Desertec 3.0 - oder wie immer man es nennen möchte, könnte einen wesentlichen Schritt nach vorne bringen. Und zwar sowohl was die Energiewende betrifft, als auch hinsichtlich der Verwirklichung einer stabilen Region südlich und südöstlich von Europa.

Sicher wäre es von Vorteil auch die Türkei in diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit einzubinden. Das Zypernproblem ist dabei einer der Konfliktpunkte. Aber gerade die Energiefrage sollte eher zu einer Milderung des Zypernkonflikts führen und nicht zu einer Verschärfung. Da müsste es von der griechisch -zypriotischen Seite und sicherlich auch seitens der Türkei mehr Kompromissbereitschaft geben.

Man kann die Bedeutung einer solch Grenzen- und Kontinente überschreitenden Zusammenarbeit gar nicht überschätzen. Eine ausreichende und ökologisch sinnvolle Versorgung mit Energie könnte vor allem das Los der Ärmsten der Armen verbessern. Wenn sie von der Energiewende und der regionalen Zusammenarbeit profitieren könnten, würde auch dem Extremismus und Terrorismus eine deutliche Absage erteilt werden und der Boden entzogen werden.

Grundsätzlich muss Europa bei der Energiewende immer auch daran denken, wie andere Ziele mit erfüllt werden können. In diesem Fall kann die Energiewende einen Beitrag zur Friedenssicherung leisten. Gemeinsame Projekte zur Erzeugung von Solarenergie können fragile Regionen in unserer Nachbarschaft stabilisieren und damit zur Stabilität Europas beitragen. Das ist jedenfalls besser und produktiver als zu versuchen mit militärischen Mitteln den Terrorismus zu bekämpfen und so Stabilität zu erzeugen. Meist resultiert daraus Instabilität.


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Dr. Hannes Swoboda, President of the International Institute for Peace (IP), started his career in urban politics in Vienna and was elected member of the European Parliament in 1996. He was Vice President of the Social Democrat Group until 2012 und then President until 2014. He was particularly engaged in foreign, enlargement, and neighborhood policies. Swoboda is also President of the Vienna Institute for International Economics, the Centre of Architecture, the University for Applied Science - Campus Vienna, and the Sir Peter Ustinov Institute.